Final Fantasy XIII

  • Plattform: PlayStation 3
  • Release: 17.12.09 (J), 09.03.10 (US), 09.03.10 (EU)

Nach dem eher polarisierenden Final Fantasy XII war es an der Unglücksnummer, die Spielerschaft davon zu überzeugen, dass es die Serie doch noch drauf hat, mit den Großen mitzuspielen. Was entstand ist wohl das Final Fantasy, dem die größte Negativwelle entgegen schwappte seit Teil 2.

Cocoon ist ein isoliertes Utopia, in denen die Fal’Cie – Überwesen welche Cocoon erschufen – dafür sorgen, dass es der Bevölkerung an nichts mangelt. Schweben tut Cocoon über der Unterwelt Pulse, mit der jeglicher Kontakt strikt verboten ist und aus der vor Jahrhunderten feindliche Fal’Cie angriffen. Dummerweise wird ein solcher feindlicher Pulse Fal’Cie in einem Gebiet Cocoons entdeckt und zur Sicherheit direkt die ganze dortige Bevölkerung deportiert, da das Risiko, sie seien mit dem Feind in Kontakt gekommen, zu groß ist.

Kleine Gruppen rebellisch motivierter Personen befinden sich in jenem Deportationszug, um so zum Pulse Fal’Cie zu gelangen. Lightning, da ihre Schwester dort ist, Snow weil dies seine Verlobte ist und Hope, um den von Snow verschuldeten Tod seiner Mutter zu rächen. Der Plan scheint allerdings nicht so gut durchdacht zu sein, denn dort angekommen brennt ihnen der Fal’Cie ein Stigma auf und verabreicht ihnen eine kryptische Vision, die einen Anhaltspunkt auf ihre Bestimmung geben soll. Denn schaffen sie es nicht als brave Schachfiguren die auferlegte Bestimmung zu erfüllen, werden sie zu Zombies. Und als Sklaven eines Pulse Fal’Cies sind sie nun natürlich zudem Staatsfeinde Nr.1 in Cocoon.

Die Handlung von Final Fantasy XIII ist einfach aber wirr. Letztendlich ist das, was passiert, weder allzu komplex noch schwer nachvollziehbar, dies kommt erst durch die Art und Weise, wie sie präsentiert wird. Denn Final Fantasy XIII wirft den Spieler mitten ins Geschehen und erklärt überhaupt rein gar nichts von all dem Flitterkram, der um einen geschieht. Zumindest nicht im Spielgeschehen selbst. Was FFXIII allerdings bietet ist eine Database, die nicht einfach nur für weiterführende Nebeninformationen genutzt wird, wie man es vielleicht erwarten würde, sondern schlichtweg essenziell ist, um den Kontext des Geschehens zu erfassen. Wird immer schön in der Database mit gelesen, ist es hingegen kein Problem, immer auf dem Laufenden zu sein, was warum jetzt gerade vor sich geht. Dem Grundsatz „show don’t tell“ wiederspricht dies natürlich gehörig und man mag sich fragen, warum dies nicht mit einer Erzählerstimme auf dem Off gelöst wurde, wo Vanille doch sehr sporadisch eine kurze Narration über absolute Belanglosigkeiten los lässt, aber gut, immerhin ist die nötige Information irgendwo untergebracht.

Ehrlich gesagt fand ich die Handlung und die Charaktere weitestgehend brauchbar, zunächst zumindest. Ja, jeder ist die meiste Zeit über ziemlich geschockt und überfordert, aber die Situation nehmend finde ich das etwas arges Drama ausgenommen durchaus nachvollziehbar. Hope mag sehr weinerlich sein und NORAs ständiges Helden-Geplapper nerven, aber überstehen tut man auch dies. Der einzige Charakter, der wirklich nervt ist Vanille, die ständig fröhlich durch die Gegend hüpft und schrill vor sich hin trällert, egal wie schlimm das Geschehen um sie herum ist. Das geht über gute Miene zum bösen Spiel machen weit hinaus und wirkt geradezu beängstigend.

Leider hält sich das nicht das ganze Spiel über. Ein Problem der Handlung ist beispielsweise, dass sie etwas arg dünn gesetzt ist. Besonders für ein Spiel wie Final Fantasy XIII, das häufig wie ein interaktiver Film rüber kommt a la Fahrenheit oder Heavy Rain, es also hauptsächlich um die Voranführung der Story geht, was nur immer mal wieder mit kurzem Spielgeschehen unterbrochen ist, hier halt nicht QTEs sondern ein paar RPG-Kämpfe. Nur das in FFXIII zwischen den Handlungsbrocken mehrere Stunden an jenen Kämpfen liegen und das Geschehen dadurch unnötig lang gezogen und verwässert wirkt. Ein weiteres Problem ist, dass sobald der ganze „WTF geht hier überhaupt ab“-Schock rum ist und langsam Licht ins Dunkle gebracht wird, die Handlung doch stark an Interesse verliert. Es wird herausgefunden, was die Motivation der Antagonisten ist und das dies eigentlich absoluten Genre-Standard darstellt. Und die Charaktere kommen auch früher oder später mit sich selbst ins Reine und sprechen anschließend kaum noch in richtigen Sätzen mit Bedeutung sondern nur noch in hohlen Gutmensch-Phrasen über den Sieg über das Schicksal, die Rettung der Welt, den Kampf gegen die oppressiven Fal’Cie und weiteren RPG-Einheitsbrei ohne wahre Aussage.

Sobald uns FFXIII aus den Cutscenes entlässt und die Kontrolle übers Spielgeschehen gibt, macht es das allerdings nur sehr zögerlich. Eigentlich meint man manchmal, die Essenz aus der Kritik gegenüber der Serie vor sich zu haben. Vielen modernen JRPGs und Final Fantasies wird angelastet, dass man mit dem einfachen permanenten Drücken von X, also hirnlosem Auto-Battle, durch kommt. Final Fantasy X durfte sich anhören, dass es mit seinen wenig verzweigten und an eine Kette aneinander gereihten Gebieten zu linear ist. Über Final Fantasy XII wurde gesagt, dass es sich selbst spielt. Final Fantasy XIII ist all dies in einem Spiel. Die Gebiete sind absolute Schläuche, die entlang gegangen werden, höchstens hier und da mal eine Alkove mit einem Schatz, die aber zu kurz sind, um die Bezeichnung „Abzweigung“ überhaupt zu verdienen. Den sichtbaren Gegnern kann ausgewichen werden, was dank des schnurgeraden Layouts aber mehr als schwer ist. In den Kampf verwickelt werden die beiden Gefährten von der KI übernommen, während der Teamleiter selbst gesteuert werden kann, was allerdings über mit ständigem X-Druck initiiertem Auto-Battle sowieso viel besser funktioniert, als die Befehle bei jedem gefüllten ATB-Balken von selbst eingeben zu wollen (FFXII ohne Gambits spielen kommt einem ins Gedächtnis – möglich ist es theoretisch aber praktisch absolut ineffizient).

Oh sicher, von selbst spielen ist das technisch gesehen nicht, ich als Spieler muss ja schon selbst X drücken, um anzugreifen und den Analogstick drücken, um zu laufen. Aber wenn mir das Spiel außer einer Schnur entlang zu gehen keinen anderen Weg und außer permanentes Angreifen keine andere Option lässt, dann könnte es genauso gut gleich alles selbst machen, die einzige Möglichkeit, die ich habe ist, entweder gar nicht zu spielen oder das einzige zu tun, was das Spiel mich tun lässt. Gerade in den ersten Spielstunden fühlt man sich so stark unterdrückt und eingeschränkt. Es wird dann allerdings etwas besser, wenn das auch das saure Gefühl zu Beginn nicht ganz überdecken kann – FFXIII hat einen schrecklichen Start, daran ist nix zu rütteln. Nach geschlagenen 3 Spielstunden dann schaltet es endlich die Paradigmen frei, FFXIIIs Version des Job-Systems. Jedem Charakter werden 3 von 6 Jobs zugeteilt (Physischer Angreifer, magischer Angreifer, Heiler, Buffer, Debuffer und Tank), die alle ganz typisch FFXIII extrem auf ihre Rolle beschränkt sind. Ein Heiler kann nur heilen, ein Buffer nur Buffs werfen, ein Tank nur Aggro ziehen und in Verteidigungsstellung gehen. Doch immerhin gibt einem das im Kampf endlich was zu tun, nämlich je nach Spielsituation entscheiden, wann Paradigmen gewechselt werden müssen.

Denn dies ist fürs Gewinnen essentiell. Bin ich angeschlagen, wechsle ich auf ein Paradigm mit einem Heiler. Ist der Gegner übermenschlich stark, muss ich einen Buffer und Debuffer einwechseln, vielleicht sogar mit einem Tank kurzzeitig die Angriffe absorbieren. Auch ist die Schock-Leiste zu beachten. Sobald jene sich gefüllt hat, ist der Gegner nämlich kurzzeitig extrem Schadensanfällig bis dahin, das sie teilweise komplett kampfunfähig gemacht werden können. Magische Angriffe mögen schwächer sein, treiben die Leiste allerdings in die Höhe, während stärkere physische Angriffe sie nicht steigern aber dazu führen, dass sie langsamer wieder sinkt. Also ist auch hier ein ausgewogenes Paradigm wichtig, um die Schockleiste hoch zu bringen, ohne dass sie allzu schnell anschließend wieder fällt und sobald der Gegner geschockt ist möglichst viel Schaden auszuteilen.

Sobald die Paradigmen frei geschaltet sind, wird das Kampfsystem also wesentlich unterhaltsamer, wenn man auch immer noch eingeschränkt wird. Nämlich dadurch, welche Charaktere überhaupt am Geschehen partizipieren. Es dauert gut 20 Spielstunden, bis jene selbst gewählt werden können, bis dahin gibt das Spiel einem die Gruppe vor – selbst wenn momentan mehr als 3 Charaktere zusammen sind.

Fast 30 Stunden im Spiel gelangt die Truppe dann nach Grand Pulse, der Teil des Spieles, der angeblich so viel freie Auswahl lässt. So ganz stimmen tut das allerdings nicht. Städte und NPCs gibt es hier weiterhin nicht. Nur statt in einem Schlauch landet man auf einer riesigen Ebene. Sobald man jene verlässt um der Handlung weiter zu folgen, ist allerdings wieder für den Rest des Spieles Tunnelblick angesagt. Sidequests lassen sich immerhin hier erledigen. Ganze zwei Arten. Zum einen 64 Missionen der Marke „Besiege spezielles Monster X“ und das Ausgraben von Schätzen mit Hilfe von Chocobos. Dies ist freilich zu spät, um Gegner der Linearität noch vom Gegenteil zu überzeugen, ganz zu schweigen davon, dass es so viel Freiheit und Abwechslung nun wirklich ebenfalls nicht bietet. Wer hingegen so wie ich bis dahin sich mit der Linearität und der „Folge der Handlungskette“-Art des Spieles erwärmt hatte, ist eher durch das plötzliche Fehlen der Gegnerbalance vor den Kopf gestoßen. Bis dahin ging die Linearität nämlich auch sicher, dass so ziemlich jeder Gegner mit der aktuellen Gruppe machbar war, richtige Wahl der Paradigmen mal vorausgesetzt, nun wird es allerdings haariger, wenn man einfach weiterhin stur geradeaus laufen will, statt etwas zusätzlich zu leveln.

Beziehungsweise FFXIIIs Äquivalent zum Leveln, denn eigentliche Level gibt es nicht, sondern mit dem Kristarium etwas ähnlich dem Sphärobrett in Final Fantasy X. Nur für jeden Job extra und absolut linear, höchstens mal hier und da ein Upgrade abgezweigt, bevor es den Hauptweg weiter gehen muss. Zusätzlich wird der Weg auch nur nach und nach Storyabhängig erweitert und in jedem Kapitel gibt es ungefähr so viele Kämpfe, um so viele CP zu erlangen, um das Kristarium bis zum aktuellen Maximum auszufüllen. Viel Entwicklungsfreiheit der Charaktere gibt es also ebenfalls wieder nicht.

Worüber ich selbst die Entscheidung habe ist hingegen das Aufbessern der Ausrüstung. Dies geschieht über die Gegenstände, die einem die Gegner nach dem Kampf hinterlassen, die durch Verkauf gleichzeitig auch die einzige Einnahmequelle des Spieles sind. Ist allerdings weitestgehend sekundär im Spiel und ich habe mir nie besonders Gedanken darum gemacht, sondern halt alles, was sich so angesammelt hatte, in die aktuelle Waffe geschmissen. Hat mich auch nicht sonderlich behindert.

Aber das größte Problem des Spieles ist einfach, wie lang es ist. Ich hatte mich damit angefreundet, erster visueller Schock des ganzen um mich geschehenen Flitterkrams ohne mein eigentliches Eingreifen überstanden, das FFXIII mehr interaktiver Film denn sonst was ist, das mich das Spiel mehr unter Kontrolle hält, als das ich es kontrolliere. Final Fantasy XIII möchte also all das Fett herausschneiden, welches RPGs häufig unnötig aufbläht. Keine Städte, keine NPCs, keine Oberwelt, keine Nebenhandlungen, keine optionalen Gebiete, keine Minispiele. Das kann durchaus auch mal erfrischend anders sein. Dann muss das Ergebnis aber auch ein entschlacktes Spiel sein. Final Fantasy XIII ist allerdings die üblichen, aufgeblähten 50 Stunden lang, nur eben ohne das ganze Füllmaterial. Dadurch wirkt es überstrapaziert und extrem leer. Wäre es nur 20 Stunden lang, damit wäre Final Fantasy XIII ein ordentlicher Gefallen getan.

Visuell gibt es natürlich erneut so gut wie nichts zu meckern am neuesten Eintrag der Reihe. Über die Attraktivität des Designs der Hauptcharaktere lasse ich mich jetzt mal nicht aus, das ist Geschmacksache, auch wenn ich sie alle ziemlich für die Tonne halte. Die Welt drumherum ist wunderschön. Und ingame Grafik abgesehen von etwas statischeren Haaren und Kleidung kaum noch von den FMVs zu unterscheiden. Wobei allerdings zumindest auf einem SD-TV auffällig ist, wie häufig es zu Ruckeln und Screen Tearing gerade in den FMVs kommt. Was den OST angeht, so ist jener eine gemischtere Erfahrung. Einige Stücke sind echt gut und gerade das Kampf-Thema ein Ohrwurm, andere sind allerdings ordentliche Stinker, besonders jene mit Lyrics. Die Sprachausgabe ist hingegen durch die Bank weg professionell, abgesehen von der einzelnen Ausnahme Vanille, der man am liebsten jedes Mal, wenn sie den Mund aufmacht, eine verpassen würde.

Fazit:
Final Fantasy XIII hat ordentlich harschen Gegenwind einstecken müssen, hauptsächlich nicht für das, was im Spiel passiert, sondern mehr für all das, was nicht da ist. Ich sitze da eher zwischen den Stühlen, finde das Spiel weder besonders gut noch schlecht. Für das, was es erreichen wollte – ein extrem entschlacktes, simples „Folge der Hanndlung“-Spiel – kann ich mich sogar in der Theorie erwärmen. Wenn die Handlung gegen Ende nicht eine ordentliche Kurve zum Schlechteren machen würde und das ganze Spielgeschehen nicht mit Stunden stupidem Korridorgerenne dazwischen so überstrapaziert wäre, launiges Paradigm-System hin oder her.

5 von 10 Punkten