Catherine

  • Plattform: PlayStation 3
  • Release: 17.02.11 (J), 26.07.11 (US), 08.02.12 (EU)

Nachdem sich das Persona-Team an den PS2-Teilen und ihren Ports ein Burnout mit der Serie erarbeitet hatte, schnupperten sie auf der PS3 erst Mal frische Luft mit dem neuen Projekt Catherine. Erste Screenshots und Trailer sahen interessant aus, doch keiner konnte so ganz feststellen, was für ein Spiel das nun überhaupt sein soll. Stellt sich heraus, Catherine ist ein interaktives Anime gepaart mit Puzzle-Stages.

Unser Hauptcharakter ist Vincent, ein Kerl Anfang 30 ohne jegliche Ambition oder Trieb dahingehend, sein Leben zu verändern. Seine Freundin Katherine hingegen gefällt das gar nicht, und da man in ihrem Alter in Japan als alte Jungfer gilt, wenn man noch nicht verheiratet ist, drängt sie Vincent mehr und mehr in die Enge, ihre Beziehung doch auf jenen Hafen zu steuern. Das führt dazu, dass sich Vincent hoffnungslos betrinkt und am nächsten Morgen nicht nur mit einem Blackout, sondern auch neben einer heißen, jungen Blondine aufwacht, die sich Catherine nennt und meint, sie würde ihn umbringen, wenn er sie je betrügt. Doch das nimmt ihr vielleicht jemand bereits zuvor, so fängt Vincent an Alpträume zu haben, in denen er zusammen mit Schafen einen Turm erklimmen muss, während seine manifestierten Bindungsängste ihn jagen – und jeden Morgen gibt es in den Nachrichten eine neue Meldung von Männern seinen Alters, die mysteriös in ihrem Schlaf starben.

Wie sehr einem die Handlung von Catherine zusagt, hängt maßgeblich davon ab, wie viel Realismus man in einem Spiel erwartet, in dem ein Kerl mit Schafshörnern und in Herzchen-Boxershorts einen Turm erklettert, während ihn ein Baby mit Kettensägen jagt. Wird die ganze Sache als irrsinniges, total überzeichnetes Anime gesehen, das keinen Sinn ergeben muss, so kann die Achterbahnfahrt tatsächlich ganz vergnüglich sein. Sicher, über die Charaktere und ihre Reaktionen wird Des Öfteren der Kopf geschüttelt werden, doch kann nicht abgestritten werden, dass ein gewisses Interesse darin besteht, was für abgedrehter Blödsinn als nächstes geschehen wird. Hier rate ich übrigens dazu, ein Ende mit Catherine anzustreben, da die anderen ziemlich langweilig sind.

Wer sich allerdings erhoffte, dass Catherine ein Spiel mit dreidimensionalen Charakteren und sozialem Kommentar gen moderne Beziehungen und das Fremdgehen offeriert, wird bitterlich enttäuscht werden, denn Catherines Handlung ist ziemlich dumm und engstirnig. Überraschenderweise scheint es allerdings von beiden Geschlechtern nicht viel zu halten. Frauen sind alle nervende Stimmen, die einem ständig Vorträge halten, was Mann falsch macht und jeden Trick, den sie kennen, nutzen, um einen emotional in eine feste Beziehung zu schikanieren. Männer sind alle wankelmütig, haben tödliche Angst vor festen Bindungen, und kein Rückgrat, je ihrer Freundin die Meinung zu sagen. Das hier sind keine echten Menschen, sondern Charaktere aus einem Harems-Anime. Ich werde das Gefühl nicht los, als Spieler soll man sich mit Vincent identifizieren und eine der []atherines toll finden, dabei sind alle drei Leute absolut kein Beziehungsmaterial, da sie sich nur gegenseitig das Leben miserabel machen. Auch scheint das Spiel nur eine Art von Beziehung als „richtig“ anzusehen, nämlich ein Mann mit einer Frau mit Plan auf Heirat und Kindern, alles andere ist nicht Ok. Selbst Catherine, die die Freigeist-Option sein soll, da sie nicht heiraten will und sich nicht als Vincents Freundin sieht, macht sofort klar, dass er gefälligst ihr treu zu sein hat, obwohl sie nur einen One Night Stand hatten. Menschen und Beziehungen funktionieren nicht so, und sind schon längst nicht so einfach zu kategorisieren, wie Catherine-Spiel das hinstellt.

Apropos was nicht funktioniert und engstirnig ist: Der Handlungsverlauf. Catherine-Spiel hat mehrere Enden und proklamiert einen variablen Spielverlauf zu ihnen, da der Spieler diverse Möglichkeiten hat, den []atherines auf ihre SMS zu antworten, in der Bar zwischen den Alpträumen mit seinen Freunden und anderen Besuchern zu reden und zwischen den Puzzle-Stages diverse Fragesessions zu beantworten. Doch der Handlungsverlauf ist absolut identisch, selbst wenn dies ob der Spielweise gar keinen Sinn macht, abgesehen eben von jener End-Szene, deren Ausgang sich hauptsächlich an der letzten Fragerunde orientiert. Es ist etwas seltsam, ein Spiel zu haben, das einem zwei verschiedene Mädels als Endresultate gibt, sowie mit keiner von beiden zu enden, bei der 90% der Handlung Vincent sich aber stark auf eine der beiden versteift, nur um dann im Finale doch noch eventuell eine 180er-Drehung zu vollziehen. Ach ja, und jene Fragerunden? Zum Großteil so kopfschüttelnd schwarz/weiß gehalten, wie Fragen über Beziehung und Sexualität nicht sein dürften. Wenn die erste Fragestellung bereits „Beginnt oder endet das Leben mit der Heirat?“-Blödsinn ist, sollte man wissen, dass hier nicht viel Tiefenanalyse vorhanden sein wird.

Ist man allerdings nicht beschäftig, eine Cutscene zu sehen, in dem einem eine der durchgeknallten []atherines Befehle entgegen blökt, oder betrinkt sich mit Kumpels in der Stray Sheep Bar, in der auch lustige Twin-Peaks-Gespräche mit den illustren Nebencharakteren geführt werden können, träumt Vincent vom Bergsteigen. Jene Stages machen das Hauptgameplay des Spieles aus.

Viel gibt es zu ihnen nicht zu sagen, Vincent erklimmt ein Blockpuzzle. Jenes geht auf Zeit, so fällt nämlich der Turm unter ihm je nach Schwierigkeit mehr oder weniger langsam weg, während er die Blöcke so zu verschieben hat, dass sie eine Treppe für ihn bilden. Da es von ihnen reichlich gibt, fügt das Spiel nach und nach natürlich Gimmicks hinzu. Beispielsweise Eisblöcke, die Vincent rutschen lassen; Bombenblöcke die X Sekunden nach betreten explodieren; Kaputte Blöcke, die nach X Betreten zerfallen; manchmal sind einem sogar andere Schafe im Weg, die versuchen, Vincent vom Turm zu stoßen; während Gegenstände helfen, indem sie Gegner vernichten, Blöcke erschaffen oder Vincent mehrere Blöcke gleichzeitig klettern lassen. Jede Nacht endet hierbei mit einem Boss-Stage, welches weitestgehend gleich läuft, nur dass eben ein Monster Vincent hinterherklettert, welches wesentlich schneller ist, als das Fallen des Turmes, sowie mit diversen Attacken das Klettern ordentlich erschweren kann. Um ehrlich zu sein fand ich die Puzzle-Stages mit der Zeit etwas langweilig, die Bosse teilweise sowieso frustrierend, aber die schiere Anzahl der normalen auch zu hoch. Wenn zu Beginn noch 2-3 normale plus ein Boss-Stage pro Nacht erfolgen, so gibt es in späteren Alpträumen 5+ davon und so launig sind sie nun auch nicht, um so viele nacheinander durchklettern zu wollen.

Eines muss man dem Persona-Team zumindest lassen, sie wissen, wie so ein Spiel in Szene gesetzt wird. Der Style ist einfach unschlagbar. Das Ingame-Cel-Shading steht den Anime-Cutscenes kaum nach, der moderne Look und Musik im Wachzustand sind treffsicher, und die Alptraum-Stages mit ihren Klassiker-Remixes ein netter Kontrast. Auch an der englischen Synchronisation gibt es hier nichts zu meckern – Catherines Stimme nervt etwas, aber das ist Sinn der Sache und im Japanischen nicht anders.

Fazit:
Catherine hat mich unglaublich zwiespältig hinterlassen. Viele scheinen das Gefühl zu haben, hier eine moderne Perle an tiefgründigen Gedanken über Beziehungen und das Fremdgehen geliefert zu bekommen, und dem ist einfach nicht so. Ich war permanent am Kopfschütteln, wie realitätsfremd und prüde die Ansichten, die hier porträtiert werden, doch sind. Aber unterhalten war ich schon ein Stück weit, leider nicht so sehr von den Puzzle-Stages, sondern nur davon, wissen zu wollen, wie tief der Hasenbau an Blödsinns-Handlung noch gehen wird.

5 von 10 Punkten