Ar tonelico: Melody of Elemia

  • Plattform: PlayStation 2
  • Release: 26.01.06 (J), 26.02.07 (US), 22.05.07 (EU)

Nachdem Gust bereits ein halbes Dutzend Atelier-Spiele rausgebracht hatte, schienen sie auf der PS2 die Flügel etwas spreizen zu wollen, und versuchten sich am einen oder anderen klassisch strukturieren RPG. Geboren war die Subserie Atelier Iris, aber auch kurz darauf in Co-Produktion mit Merchandise-Mogul Banpresto der Beginn der Ar-tonelico-Trilogie.

Lyner ist ein Jüngling, der an der Spitze des Turmes lebt, auf dem sich die Menschheit seit des Weltuntergangs zurückgezogen hat. Dort leben die Menschen recht behütet und im Einklang mit den Reyvateils, Mädchen mit Songmagic, die eine Verbindung zum Turm selbst haben. Zumindest bis plötzlich Viren angreifen und Lyner auf die abgetrennten, unteren Segmente des Turmes stürzt, wo er nicht nur auf zwei besondere Reyvateils trifft, sondern auch nach einer Lösung des Virenproblems sucht.

In den Grundzügen ist Ar tonelico sicherlich keine besonders herausragende Handlung, sondern hat die übliche Gruppe an Gutmenschen, die ausziehen, den Bösen das Fürchten zu lehren. Weltrettung und so, beziehungsweise die Reste der Welt, denn bei dem aufgeräumt-reinen und geregelten Zuständen der Turmbewohner kann schnell vergessen werden, dass dies eigentlich eine postapokalyptische Welt ist. Interessant ist zum Teil, dass Ar tonelico auch die Beziehungen zwischen den Menschen und Reyvateils behandelt, da jene auf den unteren Ebenen stark ausgenutzt werden. Aber im Großen und Ganzen ist Ar tonelico schon sehr Klischee-beladen – ja selbst am Charakterdesign alleine ist einfach erkennbar, welche zwei Charaktere sich als Verräter herausstellen werden.

Was nicht bedeutet, dass das Spiel nicht einen gewissen Charme hat, doch der Ablauf der Geschichte bleibt in großen Teilen vorhersehbar und ist deswegen nicht immer spannend. Interessanter wird da schon das Diving, da hierdurch Lyner in die Psyche der Reyvateils tauchen kann, um stärkere Gesangsmagie zu erwecken. So werden die Damen im Visual-Novel-Stil zu etwas runderen Charakteren, als alle anderen, die im Spielgeschehen angetroffen werden.

Sicherlich auch interessant ist die Itemsynthese, die in Spielen von Gust einfach obligatorisch ist. In Schatztruhen und Shops sind Rezepte zu finden, und durchs Aneinanderreiben von Gegenständen, entweder gekauft, bereits synthetisiert, gefunden, oder von Monstern hinterlassen, kommen ganz neue raus. Wichtig um bessere Rüstung oder potentere Heilgegenstände zu bekommen. Schön wäre es allerdings gewesen, wenn das Spiel ein Nachschlagewerk hätte, wo die Rohstoffe zu finden sind, damit Spieler nicht wild alle Läden durchsuchen müssen, nur um Festzustellen, dass keiner davon sie verkauft, und sie somit wahrscheinlich Gegnerdrops sind. Das macht die Synthese etwas umständlich, gerade wenn zudem die Internetverbindung fehlschlägt.

Weniger interessant an Ar tonelico ist hingegen ausgerechnet der RPG-Aspekt. Oder genauer gesagt die Dungeonarbeit und Gegnerkämpfe. Fangen wir doch mit dem größeren Übel an: Dungeons. Deren Design ist schrecklich. Sie sind eine uninspirierte Aneinanderreihung ewig gleich aussehender Räume und Gänge, wodurch die Vermutung fast naheliegen könnte, sie wären randomisiert zusammengesetzt. Zudem sind Wege, die nur mit der unterrepräsentierten Sprungeigenschaft Lyners zu erreichen sind, nicht immer einfach zu erkennen. Und als ob ein Durchgang nicht schon langweilig genug wäre, schickt das Spiel die Heldentruppe häufig drei Mal in sie, bevor die Handlung endlich nach einer neuen Lokalität verlangt.

Die Kämpfe sind nicht ganz so übel, jedoch etwas langweilig, was ich aber wohl auch einem Großteil der Tatsache zu verdanken habe, dass ich den wesentlich dynamischeren zweiten Teil vorher gespielt hatte. Erneut befinden sich die Reyvateils in der hinteren Reihe, während die physichen Kämpfer eine Linie zwischen ihnen und den Gegnern darstellen. Reyvateils sind sehr schwach, durchaus durch eine Attacke KO, und somit muss der Rest der Truppe in Beschützerposition gehen, sollte ein Gegner sie ins Visier nehmen, um den Schaden abzufangen. Reyvateils trällern ihre Gesangsmagie, die von Buffs über Heilung bis hin zu Angriffszaubern alles parat hält, während die Kämpfer die Gegner beschäftigt halten. Häufig ist deren HP allerdings so hoch, dass die Kämpfe recht lang dauern, damit die sich mit der Zeit verstärkende Gesangsmagie auch zum Einsatz kommt. Dies macht die absolut rundenbasierten, und somit Reflex-armen Kämpfe allerdings nicht härter oder strategischer, sondern nur länger, da Monster abgesehen von hohen HP selten wirklich was zu bieten haben. Mehrere Runden drauf knüppeln, während die Reyvateil ihre Magie lädt, und jene dann schmeißen, um alles in Grund und Boden zu sprengen, ist die einzige Taktik, die im ziemlich einfachen Spiel je benötigt wird. Bei Bossen halt hin und wieder heilen und selten vielleicht sogar mal buffen. Leicht, rundenbasiert und langatmig – keine besonders spannende Kampfsituation. Immerhin ist die Anzahl der Kämpfe pro Dungeon begrenzt und eine Leiste zeigt an, wie viele übrig sind. Beim Verlaufen hören sie also wenigstens irgendwann auf, statt konstant zu nerven.

Wenn ich mir Ar tonelico so anschaue, frage ich mich wo das Banpresto-Geld hin geht, sieht es doch aus wie jedes andere Gust-Spiel auch: 2D-Hintergründe, die locker die erste PlayStation hinbekommen hätte, und rudimentär animierte Sprites – jedoch bietet es zugegeben schön gezeichnete Charakterportraits in den Gesprächen. Vielleicht wird es in den Soundtrack gesteckt, der einige echt tolle, aber auch eindeutige Filler-Melodien bietet, sowie in die Sprachausgabe, die besser auf Japanisch gestellt werden sollte, denn NISAs US-Dubs haben nicht ohne Grund einen miserablen Ruf.

Fazit:
Ar tonelico ist ganz eindeutig nur das erste Nassmachen der Füße gewesen, denn gegenüber dem in allen Belangen besseren Nachfolger war ich hier beim Rollen der Credits nicht gerade begeistert. Handlung und Charaktere sind ganz niedlich, aber auch wenig aufsehenerregende Klischees, das Dungeon-Design ist eine Katastrophe, die Kämpfe mit der Zeit eher auf der langweiligen Seite, die Itemsynthese nett aber unübersichtlich, die grafische Präsentation nichts wert. Die Musik ist toll, wenn sie denn will, und das Tauchen in die Reyvateils echt interessant. Macht ein „Eh“-Spiel für mich, ich war nie wirklich genervt, aber auch selten stark interessiert.

5 von 10 Punkten