Policenauts

  • Plattform: PlayStation
  • Release: 19.01.1996 (J)

Policenauts ist so was wie der Nachfolger zu Snatcher. Von der Story und den Charakteren her sind sie total unterschiedlich, aber eben beide Adventures von Hideo Kojima, so dass selbst Konami sie als solche vermarktet hat. Nachdem das mittlerweile als Perle gehandelte Snatcher allerdings zu Release keine guten Verkaufszahlen hatte, wurde Policenauts gar nicht erst in den Westen gebracht und war so lange Zeit eine Art Heiliger Gral für die Snatcher-Fanbasis. Doch dank der Fantranslation-Szene kann man zumindest die PlayStation-Version nun auch ohne Japanischkenntnisse genießen.

Auch Jonathan Ingram ist nicht gerade ein Glückspilz. Ursprünglich einer der Policenauts – für Recht und Ordnung in der neuen Weltraumkolonie gedachte Polizisten – ging während des Einsatzes etwas schief und er driftete in den Weltraum ab. Dank einer Rettungskapsel hat er im Kälteschlaf überlebt, wurde aber erst 30 Jahre später gefunden. Mittlerweile ist er ein erfolgloser Privatdetektiv auf der Erde, als er Besuch von seiner ehemaligen Liebe bekommt, die ihn engagiert den Tod ihres Mannes, der Wissenschaftler auf der Kolonie war, aufzudecken. Direkt danach wird allerdings auch sie erschossen und Jonathan macht sich auf, Mörder und Gründe hinter der Angelegenheit zu ermitteln.

Wie so oft bedient sich Kojima reichlich aus amerikanischen Actionfilmen. In diesem Fall allerdings nicht der Marke Cyberpunk wie in Snatcher, sondern typischen Buddy-Cop-Movies. Und so würde das Spiel auch weitestgehend ohne das Sci-Fi-Setting funktionieren. Was die ganze Welt allerdings leider wesentlich uninteressanter macht, als noch in Snatcher. Zwar sind die politischen Probleme auf der Kolonie, allgemeine Probleme beim Leben im All und auch die Tatsache, dass Jonathan 30 Jahre im Kälteschlaf verbracht hat, so also all die Veränderungen nicht mitbekommen hat und selbst nicht gealtert ist, interessante Ansätze, werden aber häufig nicht wirklich allzu tief ausgelotet.

Zudem bedient man sich diesmal viel zu stark aus besagtem Filmgenre, was sowohl die Charaktere wie auch die Handlung zu einer Aneinanderreihung an Klischees macht. Das Spiel weist einige Wendungen auf, aber nicht eine einzige davon kommt überraschend, man sieht alles schon Stunden vorher kommen. Auch welcher Charakter letztendlich welche Rolle erfüllen wird, kann man sich ziemlich schnell denken.

Was der Sache dann nicht unbedingt hilft ist, dass Policenauts ein wesentlich längeres Spiel als das eher kurze Snatcher ist. Und das ist hier ein Nachteil, wo nämlich Snatcher angenehm auf den Punkt war, verliert sich Policenauts viel zu häufig in Geschwafel. Konversationen brauchen grundsätzlich länger, als das vom reinen Informationsgehalt nötig ist und das Spiel ergeht sich zu häufig in Details zu Charakteren und Welt, die über das Wissenswerte hinausgehen. Hätte man dieses Nebenwissen wenigstens optional eingebaut, für den Fall, dass der Spieler daran interessiert ist – aber häufig muss man mit einem Gesprächspartner erst jedes noch so kleine unwichtige Detail besprochen haben, um das Weiterkommen des Spieles zu triggern, auch wenn das Besprochene letztendlich mit den nächsten Ereignissen überhaupt nichts zu tun hat.

Das Policenauts unterm Strich trotz alledem weitestgehend interessant und die Hauptcharaktere sympathisch bleiben, ist da schon fast ein Wunder. Trotzdem hätten Story und Setting etwas mehr Originalität gut getan und baut Kojima wie so häufig mehr Text ein, als einem manchmal lieb ist.

Am Gameplay hat sich wenig im Großen, aber ein paar Dinge im Kleinen geändert. So geht man noch immer von Location zu Location, probiert dort die Interaktion mit diversen Szeneriegegenständen und Charakteren aus, bis ein Weiterkommen ermöglicht wird. Itemmanagement nur selten von Nöten. Anstatt über ein Menü steuert sich Policenauts allerdings nun über ein Point & Click Interface. Wobei sobald ein Teil der Szenerie angeklickt wird, sofern man damit interagieren kann, ein kleines Submenü aufgeht, was denn nun damit genau angestellt werden soll. Gleiches mit den Gesprächsoptionen bei Menschen. Eine Pixeljagd, wie in vielen westlichen Adventures verschrien, bleibt also aus.

Auch leicht abgeändert sind die Actioneinlagen, die diesmal wesentlich häufiger zum Einsatz kommen. So schießt man noch immer auf dem aktuellen Screen vor sich hin, allerdings ist das 3×3-Felder-Grid von Policenauts nicht mehr da und es gilt seinen Gegner frei über den Bildschirm beweglich zu folgen. Das macht die Einlagen gleich viel dynamischer. An einer Stelle des Spieles muss sogar eine Bombe entschärft werden.

Optisch bleibt Policenauts ebenfalls dem Vorgänger treu. Die einzelnen Lokalitäten sind noch immer komplett in einem Bildschirm zu sehende Standbilder und auch die Menschen abgesehen vom Sprechen nicht wirklich häufig animiert. Nur jetzt eben alles mit wesentlich mehr Farben, als auf dem Sega CD möglich war. Die vielen Zwischensequenzen hingegen können nun reine Animesequenzen sein, statt sich auf teilanimierte Standbilder beschränken zu müssen. Mehr Sprachausgabe ist auch drin und der jazzige Soundtrack ist ebenfalls der Atmosphäre zuträglich.

Fazit:
Ich mag sehr kritisch klingen, aber unterm Strich ist Policenauts doch ein ganz gutes Spiel. Nur gegen den Hype, der sich über die Jahre dank Japan-Exklusivität angestaut hat, genau wie dem Vergleich mit dem tollen Vorgänger Snatcher, fällt es ab. Setting etwas weniger interessant, vorhersehbarere Story und Charaktere und zu viel Geschwafel. Dabei ist das Gameplay gerade in den Actionsequenzen sogar etwas besser geraten.

7 von 10 Punkten