Azure Dreams (PSX)

  • Plattform: PlayStation
  • Release: 13.11.97 (J), 30.06.98 (US), 12.98 (EU)

Pokemon ist freilich nicht das erste Spiel, in dem man Monster fangen und einander die Schädel einschlagen lassen konnte, doch das Spiel, welches so unverschämt viele Moneten einbrachte, dass nicht nur Nintendos dahindriftender Handheld gerettet war, sondern auch so ziemlich jeder einen Stück vom Kuchen abhaben wollte. Konami beispielsweise 1997 mit Azure Dreams auf der PlayStation, mit dem etwas seltsamen Einfall das Monstersammeln mit dem Nischengenre des Roguelike Dungeon Crawlers zu fusionieren.

Monsbaya ist eine Wüstenstadt, deren Ökonomie sich hauptsächlich um den nahen Monsterturm dreht, der Abenteurer anzieht, besonders in Form von Monstertrainern, sind doch die dort auffindbaren Eier ein Vermögen wert. Der beste Trainer von allen war Guy, bis er eines Tages spurlos im Turm verschwand, wodurch seine Frau die Kinder in Armut aufziehen musste. Der älteste Sohn ist Koh, welcher nur darauf gewartet hat, mit 15 endlich als erwachsen zu gelten, und selbst Zutritt zum Turm zu erlangen.

Sowohl Monstersammel-RPGs wie Roguelikes sind jetzt nicht unbedingt für ihre herausragenden Storylines bekannt und so ist das auch in der Heirat beider Genre nicht viel anders. Azure Dreams gibt eine nette kleine Ausgangssituation, warum wir uns um Koh und seinem Erfolg im Turm scheren sollten, und wenig mehr. Beim Erreichen des letzten Stockwerkes gibt es natürlich noch mal einen Schwall an Handlung, dazwischen ist sie aber fast nicht existierend.

Wie spielt sich das Konstrukt denn nun überhaupt? Nun, wie ein Roguelike, in dem man Monster sammelt natürlich. Um spezifischer zu sein gibt es eben nur jenen einen Turm, durch den sich Koh schlagen muss, wobei die Stockwerke bei jedem Betreten neu zufallsgeneriert werden und Koh jedes Mal auf Level 1 zurückgesetzt wird. Gegenstände kann Koh nur 5 mit hinein nehmen und im Turm nicht mehr als 20 tragen. Dies führt zu einem ganz anderen Spielverhalten, als in vielen anderen RPGs, da somit die Halbwertszeit der meisten Gegenstände nur für den einen Turmbesuch reicht, und durch die Zufallsgeneration nie sicher ist, was verfügbar sein wird. Statt zu planen, was gebraucht wird, um den Turm zu besiegen, muss also mit dem geplant werden, was bereits gefunden wurde, und wie dies einem in der aktuellen Lage hilfreich sein kann. Statt zu horten ist es besser die Gegenstände sofort einzusetzen, um das Überleben zu sichern, statt auf Risiko zu spielen, denn wenn Koh stirbt, verliert er sowieso alle Items und erwacht außerhalb des Turmes.

Ein paar Dinge erleichtern Koh allerdings sein Leben beträchtlich. Warpt er mit einem Windkristall aus dem Turm, behält er alle seine Gegenstände. Die meisten davon sind natürlich nur zum Verkauf gut, aber so kann er zumindest bessere Monster ansammeln und gefundene Ausrüstung, die mit Sand aufgebessert werden kann, behalten, um es im nächsten Turmbesuch leichter zu haben. Hinzu kommt noch, dass die Monster ihr Level nicht zurückgesetzt bekommen. Koh kann davon bis zu zwei gleichzeitig als Mitstreiter an der Seite haben, die das Durchschreiten des Turmes natürlich stark vereinfachen können, dafür verlieren sie allerdings auch kontinuierlich MP und werden Kampfunfähig, sobald jene auf 0 sinken. Andererseits kann Koh sie auch miteinander fusionieren, wobei hier keine neue Spezies herauskommt, dafür aber die Fähigkeiten übertragen werden können, um existente Monster zu verbessern.

So ein Turmbesuch kann, wenn der Random Number God gegen einen ist, schon sehr schnell in die Hose gehen, mit später enorm starken Gegnern, diversen Bodenfallen, die die eigenen aufgepowerten Monster gegen einen aufbringen, oder die aufgebesserte Rüstung rosten lassen können, oder in dem einfach nur unbrauchbare Gegenstände spawnen. Jedoch ist es so, dass mit einer guten Ausrüstung und starken, gelevelten Monstern, Azure Dreams durchaus zu einem einfacheren Vertreter der Roguelikes wird. So bleibt die Sache, selbst wenn eine unfaire Turmgeneration einen gerade gegen das Spiel aufgebracht hat, doch immer mit dem Anschein, dass die ganze Angelegenheit machbar ist, vielleicht sogar bereits beim nächsten Versuch, statt nur zu demotivieren.

Nun kann es allerdings schnell monoton und somit langweilig werden, wiederholt in den gleichen Turm zu gehen, durch dessen Zufallsgeneration nicht der schnellste Weg durch bekanntes gewählt werden kann, aber doch nicht variabel genug ist, um wirklich eine neue Erfahrung zu bieten. Azure Dreams lockert dies mit Dingen auf, die außerhalb des Turmes zur Verfügung stehen: Städtebau und Trophäenfrauen zu werben.

So werden NPCs, mit denen gesprochen wird, immer mal wieder fallenlassen, das dieses oder jene Gebäude doch eine Bereicherung für das Dörfchen wäre oder dringend eines Ausbaus bedarf, woraufhin Koh das erhaltene Gold (welches nicht wirklich den Zweck erfüllt, bessere Rüstung zu kaufen) dahingehend zu investieren. Meist führt das zu kleinen Minispielen oder dem Auftauchen eines neuen Mädels. Die holde Weiblichkeit der Stadt wiederum ist notorisch unverheiratet und sollte Koh in bester Dating-Sim-Manier sie nur genug stalken und ihnen nach dem Mund reden, findet sich mit der Zeit ein kleiner Harem an hübscher, menschlicher Dekoration in seinem Haus ein. Beide Dinge sind absolut optional, motivieren allerdings doch enorm, einen weiteren Turmbesuch zu wagen, um zu sehen, was sich danach in der Stadt verändert hat. Selbst wenn ein Turmbesuch mal nicht so motivierend ausging.

Ein schönes Spiel ist Azure Dreams definitiv nicht. Die 3D-Umgebung ist grobkörnig, das innere des Dungeons trotz wechselnder Deko unspektakulär und die Sprites für die Charaktere sind enorm pixelig. Als einziges ansehnlich sind die Portraits, die für die wichtigen Charaktere in den Gesprächen eingeblendet werden. Die Sprachausgabe wurde im westlichen Release entfernt, was ob des frühen Jahrgangs wahrscheinlich mehr Vor- denn Nachteil ist, während die Musik unterhält, aber zum Großteil nicht wirklich hervorsticht.

Fazit:
Ich war doch etwas überrascht, wie viel motivierender das Original gegenüber des GBC-Ports doch ist. Während hier das Monstersammeln vielleicht etwas rudimentärer ist, so motivieren die Nebenaufgaben der Brautschau und der Stadtplanung doch genug, um die Monotonie der Turmbesuche ein Stück weit auszucanceln, während dessen höherer aber nie unfairer Schwierigkeitsgrad den Erfolgen im Verlieskriechen mehr Gewicht gibt. Nettes Spielchen, dieses Azure Dreams.

7 von 10 Punkten