Mother 3

  • Plattform: GameBoy Advance
  • Release: 20.04.2006 (J)

Itoi plante einen Nachfolger zu seinem Mother 2 bereits früh, so sollte das Spiel ein Starttitel für die Erweiterung des N64s sein, welche allerdings floppte. Auch die Arbeiten an Mother 3 zogen sich in die Länge, bis das Projekt dann zunächst auf Eis gelegt wurde, um erst auf dem GameBoy Advance endlich das Licht der Welt zu erblicken. Zur Agonie aller Earthbound-Fans allerdings nur in Japan, was jedoch eine Fantranslation vor einigen Jahren berichtigt hat.

Mother 3 nimmt sich ein Beispiel an Dragon Quest IV und beginnt nicht mit dem eigentlichen Hauptcharakter der Geschichte, sondern bietet zunächst erst 3 Kapitel mit anderen Charakteren (die teilweise nicht mal später zu Mitstreitern werden), die uns in die Welt einführen, bevor Lucas dann Jahre später seine Reise beginnt. Die dramatischste Geschichte gleich zu Beginn mit Flint, der seine Frau verliert und dessen Sohn Claus, Zwillingsbruder von Lucas, spurlos verschwindet. Lucas wird später auf seiner Reise durch die Welt, um die Machenschaften der Schweinearmee zu durchkreuzen und die Insel vor dem Untergang zu retten, natürlich endlich herausfinden, was aus seinem Bruder geworden ist.

Ich muss sagen, dass ich kein großer Fan der Einstiegskapitel von Mother 3 bin. Flints Handlung ist dicht und atmosphärisch, tragisch und interessant, doch die beiden nächsten Kapitel bringen die Handlung mehr oder weniger zum Stillstand, bevor sie dann im vierten endlich so langsam wieder ins Rollen kommt. Zudem sind sie spielerisch einfach nicht sonderlich interessant, da man meistens mit nur einem Charakter, mit Glück auch mal mit zweien, durch die Gegend stapft, die häufig noch nicht mal PSI-Zauber beherrschen. Das ist ziemlich langweilig und öfters sogar etwas härter, als für den Anfang gut wäre.

Mit Lucas wird dann aber alles gut, dauert es doch nicht allzu lange, bis wir PSI beherrschen und auch eine Gruppe zusammengesucht haben, die den Kämpfen etwas Abwechslung und bessere Ausgewogenheit verleihen. Die Gegner sind hier ganz wie bei Earthbound sichtbar und Kämpfe geschehen bei Feindkontakt in einem eigenen Bildschirm. Rundenbasiert wird sich nun gekloppt, mit dem gewohnten Slotmaschinen-Effekt der HP-Anzeige, durch die Teile des Schaden negiert werden können, wenn man den Gegner schnell genug umbringt. Neu ist nun, dass es ein gewisses Rhythmus-Spielchen gibt, wird nämlich im richtigen Takt der Angriffsknopf wiederholt gedrückt, können Charaktere bis zu 16 Bonusschläge draufklopfen. Je nachdem, wie gut also das Taktgefühl des Spielers ist, kann das Spiel wesentlich leichter werden, ist aber nie wirklich essenziell zum Weiterkommen.

Insgesamt ist das Spiel wesentlich moderner als seine Vorgänger, so gibt es zwar immer noch begrenztes Inventar, aber Key Items zählen nicht mehr dazu, eingelagert werden können Gegenstände von mehr als nur einem Punkt, das umständliche Menü ist verbessert, inklusive Kontext-sensitiver Buttons, und Speicherfrösche sind sehr zahlreich.

Mother 3s Struktur ist übrigens eine ganze Ecke anders, als die der beiden Vorgänger. Oh natürlich, es ist immer noch eine Weltreise eines Auserwählten, der Mitstreiter sammelt und das Übel zur Strecke bringt. Doch in Mother und Earthbound war die Reise bedeutender als das Ziel, die unterschwelligen Thematiken häufig eher vage und im Hintergrund. Spekulation willkommen, Genaues aber selten. Mother 3 wird von einer wesentlich enger gesteckten Handlung zusammengehalten, es passiert einfach wesentlich häufig was Großes, statt weite Reisestrecken luftleer zu halten. Und obwohl es natürlich immer noch reichlich unterschwellige Spekulationsanstöße gibt, so stehen viele Thematiken in Mother 3 wesentlich stärker im Vordergrund. Allen voran das Verlieren der Unschuld, nicht nur der Charaktere, sondern der Welt/Menschheit an sich. Nicht umsonst ist die Insel in den Prologkapiteln zwar etwas primitiv, aber eine fast utopische Gesellschaft, in der es allen gut geht und in der sich jeder aushilft. Später, nachdem Geld, Industrialisierung und Technik Einzug finden, verdirbt dies die Gesellschaft. Wer also ordentlich Lebensweisheiten und Sozialkritik haben will, ist bei Mother 3 genau richtig. Wobei das Spiel dank seiner Optik und vieler niedlich-schräger Ideen trotz einer doch recht dramatisch-traurigen Handlung, nie zu depressiv wird.

Nett anzusehen ist das Spiel übrigens auch. Man sollte eigentlich froh sein, dass es damals fürs N64 ins Wasser fiel, denn ich kann mir nicht wirklich vorstellen, dass das matschige 3D der Konsole wirklich den gleichen Charme rübergebracht hätte, wie der übliche 2D-Peanuts-Look. Mother 3 nutzt allerdings die bessere Technik des GBAs, um doch wesentlich detailliertere Umgebung und mehr Animationen in den Charakteren einzubinden. Auch gibt es wieder viele charmante Liebe zum Detail zu finden, wie beispielsweise die sich ihrer Umgebung anpassenden Speicherfrösche. Nur die Gegnersprites sind immer noch nicht animiert, was etwas schade ist, dafür sieht man tatsächlich ihrer Rückansicht, wenn man sie mit Erstschlag überrascht. Die Melodien sind zudem diesmal viel eingängiger, als ich das von den beiden Vorgängern behaupten könnte, die zwar einige Highlights hatten, bei denen viel aber nicht so Erinnerungswürdig war.

Fazit:
Wer sich die Reviews der beiden Vorgänger durchgelesen hat, sollte wissen, dass die Mother-Serie bisher nicht so meins war, ich auf den Hype nicht ganz aufspringen konnte. Mother 3, leider mit einem eher suboptimalen Start gesegnet, konnte mich dann im späteren Spielverlauf doch eines Besseren belehren, hauptsächlich weil es sich diesmal wesentlich gebündelter spielt, die Handlung mehr Gewicht hat und die Aussagen nicht so vage bleiben.

9 von 10 Punkten